Heinrich Männle (Foto: Michael Else)
Text und Laudator: Rudolf Knoll
Wenn man bei Google „ältester Winzer Deutschlands“ eingibt, findet sich kein Eintrag – dafür jede Menge Weingüter, die von sich behaupten, das älteste der Welt oder zumindest von Deutschland zu sein. Schaut man hinter die Kulissen, kommt schnell heraus, dass die Angaben nicht unbedingt präzise oder urkundlich exakt belegt sind.
Ganz anders ist es beim ältesten wohl noch aktiven, in Verantwortung befindlichen Winzer Deutschlands, der am 13. Mai 2013 seinen 90. Geburtstag feiern konnte. Heinrich Männle heißt er, sein Zuhause ist Durbach in der badischen Ortenau und er ist noch tätig in seinem Betrieb wie vor 10, 20 und über 30 Jahren. Die Arbeit hat ihn offenbar so jung gehalten, dass er vor rund 20 Jahren noch einen eindrucksvollen Gewölbekeller aus Granitgestein, mühsam beschafft, mit seiner Hände Arbeit bauen konnte – oder aus seiner Sicht musste. Denn sonst wäre ihm vor lauter Langeweile die Decke auf den Kopf gefallen.
Wein ist bei den Männles seit dem 16. Jahrhundert Tradition. Heinrichs Vater Stefan war einer der Gründungsmitglieder der Durbacher Genossenschaft, die vor rund 100 Jahren immer wieder durch ihre Qualitätspolitik dafür sorgte, dass ihre Mitglieder mehr erzielten als die üblichen 20 Pfennig auf dem freien Markt.
Weinbau machte damals nur einen geringen Teil des Haushaltseinkommens bei den Männles aus. Klar doch, dass der gerade 13-Jährige Heinrich schon im Weinberg und Acker mit anpacken musste. Gerade volljährig geworden, übernahm er 1952 in der Zeit des Wiederaufbaus den elterlichen Betrieb. Nicht aus der Erinnerung getilgt wurde der Jahrgang 1956, als in Deutschland im Februar bei minus 28 Grad fast alles erfror – inklusive dem eigentlich heftig fließenden Rhein. Der Rekordfrost wirkte auf den Jahrgang kräftig nach, Wein gab es kaum.
Aber wo Schatten ist, ist auch Licht. Das war für Heinrich die Hochzeit mit seiner Wilma, geborene Gmeiner, die heute noch an seiner Seite steht und im Gespräch den Eindruck macht, sie sei mindestens so jugendlich wie ihr Heinrich.
Der legte 1965 die Winzergehilfenprüfung ab, als er eigentlich schon ein gestandener Winzer war und mit der Wechselhaftigkeit der Jahrgänge in jener Zeit gut zurechtkam. Drei Jahre später war er offiziell Winzermeister und vertrieb die letzte Kuh aus dem Stall. Die Familie bewirtschaftete damals knapp 10 Hektar, die Hälfte war und ist dem Weinbau vorbehalten. Heute sind es 11 Hektar, davon 6,5 Hektar Reben. Der Rest entfällt auf Obst, aus dem Heinrich mit viel Fingerspitzengefühl heute noch flüssige Kirsche und Williams brennt.
Im Weinbau sammelte er in der langen Zeit viele Medaillen und Auszeichnungen – und bekam von Journalisten einen Titel: „Rotwein-Männle“. Spätburgunder war früher in Durbach keine besonders begehrte Sorte. Aber Männle erkannte die Möglichkeiten, daraus feine Rotweine mit Tiefgang zu machen. Er weitete die Burgunderfläche aus, verdiente sich damit noch mehr den Namen „Rotwein-Männle“ und stellte mit seinen Gewächsen sogar kritische Weinjournalisten zufrieden.
1994 stieg seine Tochter Sylvia in den Betrieb ein. Aber das Weinmachen und Brennen blieb dem Vater überlassen. Wenigstens war es der Familie gestattet, das Unternehmen Männle etwas auszuweiten und durch Ferienwohnungen einen Urlaub im Ortsteil Sendelbach möglich zu machen.
Bemerkenswert ist, dass Heiner Männle in all den Jahrzehnten neben seiner Tätigkeit im Betrieb auch noch Zeit fand, sich sozial in verschiedenen Bereichen zu engagieren, zum Beispiel für krebskranke Kinder. Er war musikalisch aktiv, spielte Klarinette und erwarb sich in der lokalen und regionalen Politik Gehör. Ein Wort, das er vermutlich nicht kennt, ist „Langeweile“. Und wenn er heute vernimmt, dass Männer im Alter von weniger als 50 Jahren von der 40-Stunden-Woche Abschied nehmen wollen, wird er das nur mit einem verwunderten Kopfschütteln kommentieren.
Unterstellen darf man, dass er sich darüber freut, dass es mit dem Weingut Männle langfristig weitergeht. Maximilien, 21, einer der Söhne von Tochter Sylvia, ist die nächste Generation. Von ihm kann man auch erwarten, dass es auf hohem Qualitätsniveau weitergeht. Einige Weine durfte er bereits verantworten. Die Ausbildung im Weingut Knipser in der Pfalz sollte dazu beitragen, dass er seinem Opa Freude mit den Weinen macht.
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