Frank R. Schulz, Kommunikationschef des Deutschen Weininstituts DWI
Den „Preis der Deutschen Weinkritik“ der Weinfeder e.V. gibt es seit 2005 – wir vergeben ihn heute zum 18. Mal.
Mit dem „Preis der Deutschen Weinkritik“ würdigt der Verband der Deutschen Weinpublizisten herausragende Leistungen in der Welt des Weines, insbesondere Projekte und Institutionen, die den Gemeinsinn fördern. Dies gilt in besonderem Maße für den heutigen Preisträger: das Deutsche Weininstitut.
Die Laudatio auf den diesjährigen Preisträger hielt Werner Eckert – Mitglied der Weinfeder e.V. und bis zu seiner Pensionierung vor wenigen Monaten WINEMAN bei SWR1 und Leiter der SWR-Redaktion „Umwelt und Ernährung“.
In Ungarn, zeitweise in Polen und jetzt in den USA sehen wir, wohin es führt, wenn die Presse als vierte Säule der Gewaltenteilung eingeschränkt wird oder ausfällt. Auf der anderen Seite haben wir als Gesellschaft offenbar auch verlernt, uns gegenseitig zu loben. Wir kritisieren, wir schimpfen, wir beschimpfen – und das spaltet! Auf das rechte Maß kommt es an. Und heute üben wir uns im Loben:
Das Deutsche Weininstitut erhält von der Weinfeder e.V. den „Preis der Deutschen Weinkritik“.
Sie alle wissen, auch wenn es nach einer universitären Einrichtung klingt: Das DWI ist eine Marketingeinrichtung der deutschen Weinwirtschaft. Seit gut 75 Jahren unterwegs mit dem Auftrag, „die Qualität des Weines sowie den Absatz des Weines und anderer Erzeugnisse des Weinbaus durch Erschließung und Pflege des Marktes zu fördern“.
Und wir meinen: Das DWI hat das mit Erfolg getan.
Mehr als 2 Millionen Mal täglich besuchen Menschen aus aller Welt die Online-Seiten des DWI. Weil sie etwas zum Thema Wein suchen, erfahren sie ganz nebenbei, dass es in Deutschland Wein gibt, dass er bemerkenswert gut ist und dass es interessante Geschichten rund um seine Herkunft gibt.
Das ist eine Reichweite, die ein einzelner Winzer nie erreichen würde. Und allein das zeigt, wie wichtig die Arbeit der GEMEINSCHAFT ist, wenn es um das Image eines Produktes geht. Und gerade beim Wein ist das Image alles.
Es ist nicht so, dass es ein Zuckerschlecken war, für deutschen Wein zu werben. Meistens war es harte Arbeit. Wir sind verwöhnt von 2-3 relativ erfolgreichen Jahrzehnten. Aber es war harte Arbeit – und – harte Zeiten stehen uns wahrscheinlich wieder bevor.
Als das DWI gegründet wurde, gab es in Deutschland ca. 50.000 ha Rebfläche – nicht einmal halb so viel wie heute. Noch in den 80er Jahren gab es Ertragsschwankungen, wie wir sie heute nicht mehr kennen: 1980 knapp 5 Mio. hl Wein, 1982 16 Mio. – übersetzen wir das mal in die Logik von Angebot und Nachfrage …
1960 wurde erstmals Wein in Schwimmbädern zwischengelagert, weil es einfach viel zu viel gab. 1982/83 noch schlimmer: mengenmäßig drei große Ernten in 2 Jahren!
Der Auftrag an das DWI: “Sorgen Sie dafür, dass das Zeug wegkommt. Koste es, was es wolle.“ Und der Reflex in der Branche war nicht logisch. Statt die Menge zu reduzieren und die Qualität zu erhöhen, forderte der Weinbauverband Mosel damals weiter die „Nassverbesserung“ Bis zu 15% Wasser im Wein – und damit noch mehr dünne, süßsäuerliche Weine.
Und dann die Skandale:
1980 der Flüssigzuckerskandal – Tausende Betriebe waren betroffen, fast ein Viertel der Weinmenge war damit gepanscht worden. Und 1985 der Glykolskandal – auch wenn nur wenige Kellereien betroffen waren, war der Schaden in der öffentlichen Wahrnehmung noch größer.
Es war ein tiefes Tal, durch das der deutsche Wein ging.
In diesen Tagen ist Peter Sichel gestorben. Der Vater des Markenweins „Blue Nun“, der für den Erfolg der Liebfraumilch-Weine steht. Natürlich war das zunächst eine Erfolgsgeschichte. Aber sie zeigt auch, wie langsam, aber nachhaltig Imagebildung funktioniert. „Cheap and sweet“ war die Schublade, in die der Wein aus Deutschland durch diese Export-„Erfolge“ gesteckt wurde.
Früher wollten die Winzer vor allem auf Plakatwänden und sogar im Fernsehen sehen, dass das DWI „etwas für uns tut“. Werbung wurde damals so verstanden, wie Ariel, Palmolive oder Maggi sie betrieben: mehr oder weniger zeitgeistige Botschaften möglichst prominent zu platzieren:
– Deutscher Wein – edel und rein. (1964)
– Deutscher Wein. Einzigartig unter den Weinen. (1970)
– Das Gute liegt so nah. (1982)
– Nichts liegt näher. (2000)
– Weltklasse! (2005)
Wenn wir heute das Deutsche Weininstitut auszeichnen, dann genau deshalb, weil es dieser Institution gelungen ist, all das zu ändern. Durch beharrliche und kontinuierliche Arbeit – und natürlich gemeinsam mit anderen. Auch wenn es manchmal in Vergessenheit gerät: Das DWI ist für alle Teile der Weinwirtschaft da – und alle kontrollieren und beeinflussen seine Arbeit. Keiner zahlt nur – alle gestalten auch!
Die Stellmotoren dieser Imagewandelmaschine: Heute steht das Image im Vordergrund. Die zähe Arbeit am Mindsetting der Entscheidungsträger und letztlich der Konsumenten weltweit. Mit Hilfe von Sommeliers, Journalisten, Fachhändlern, Influencern, Weinmeistern – kurz: Menschen, die andere neugierig auf deutsche Weine machen können.
Das Aromarad hat Verbraucher dazu gebracht, sich intensiver mit Wein zu beschäftigen, die Generation Riesling bringt junge Verbraucher mit gleichaltrigen Winzern zusammen. Weinkulturelle Events und die Verbindung von Hobbys und Wein werden gespielt. Das DWI agiert über zahlreiche Social-Media-Kanäle und Online-Plattformen. Die Zusammenarbeit mit Hochschulen und der Wissenstransfer gewinnen zunehmend an Bedeutung. Die Marktstudien werden geschätzt.
Das DWI hat aber auch – qua Auftrag – die interne Diskussion über Weinqualität beeinflusst. Es hat in der Branche deutlich gemacht, dass nur Weine, die dem Verbraucher besser schmecken oder ein höheres Prestige vermitteln als andere, auch verkauft werden.
Der Erfolg ist umso erstaunlicher, als die Organisation seit fast 30 Jahren mit den gleichen Mitteln auskommen muss. Die Abgaben, die die Weinwirtschaft dafür entrichten muss, sind seit 1994 unverändert. Das bringt pro Jahr gut 10 Millionen Euro in die Kasse. In dieser Zeit betrug die Inflation aber mehr als 70%.
Und die Erwartungen der Branche, also der Winzer und ihrer Vertretungen und Institutionen, sind teilweise überzogen.
Das Kunststück ist nur gelungen, weil Kreativität, Effizienz und Engagement der 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der ausländischen Vertretungen gewachsen sind. Und auch, weil es immer wieder erfolgreiche Kooperationen gibt und das DWI auch Drittmittel einwirbt, etwa von der EU. Das kann eben nur eine solche Organisation, das kann kein Einzelner.
Der Ruf des deutschen Weins lebt derzeit noch von dem, was das DWI und andere mühsam wieder aufgebaut haben. Solche Prozesse sind langwierig. Rund 30 Jahre hat es gedauert, den deutschen Wein auf Augenhöhe zu bringen. Aber in Zeiten eines immer härter werdenden Wettbewerbs sollte man sich darauf nicht verlassen.
Ich habe es angedeutet: Es wird in den nächsten Jahren nicht einfacher. Weltweite Überproduktion und ein verändertes Konsumverhalten vieler Verbraucher sind die Herausforderungen.
Ich persönlich glaube, dass es nicht immer klug war, den Wein mehr oder weniger als „Gesundbrunnen“ zu thematisieren. Das fällt uns jetzt auf die Füße. Es lohnt sich auch nicht, sich an Dingen abzuarbeiten, die man nicht wirklich ändern kann. Vielleicht ist es zielführender, den Wein als das zu bezeichnen, was er wirklich ist: ein Stück Lebensfreude!
Wir sind zuversichtlich, dass das Deutsche Weininstitut auch in den kommenden Jahren seine Arbeit so gut machen wird wie bisher. Mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in Zusammenarbeit mit vielen anderen in der Weinbranche – und dank noch größerer Qualitätsanstrengungen unserer Winzerinnen und Winzer.
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